Liebes Kind,
ich glaube, wir haben noch nicht Bekanntschaft geschlossen.
Auch wenn du sicherlich schon von mir gehört hast und weißt, dass unter meinen
besten Freunden die schillerndsten Persönlichkeiten dieser Erde gehören, möchte
ich mich kurz vorstellen:
Mein Name ist Monsieur Selbstbewusst und ich hoffe doch
sehr, dass dich das süffisante Gerede über mich noch nicht abgeschreckt hat.
Denn böse Zungen behaupten, ich hätte ein furchtbares Aufmerksamkeitsdefizit
und würde es genießen immer und überall im Mittelpunkt zu stehen und dabei
meine Weltanschauung zum Besten zu geben.
Ich schreibe dir diesen Brief, weil ich dir sagen muss, dass
all diese Menschen falsch liegen – und das kommt in erster Linie daher, dass
sie mir noch nicht persönlich die Hand geschüttelt haben. Ein Tête-à-Tête mit dir ist schon lange überfällig und deshalb bin
ich überaus dankbar, dass du dir die Zeit dazu genommen hast, meine Zeilen zu
studieren.
Liebes Kind, als du auf diese Welt gekommen bist, waren wir
beste Freunde. „Du wiedersprichst dir gerade selbst!“, – wirst du jetzt
vielleicht denken. „Gerade eben meintest du noch, wir hätten noch gar keine
Bekanntschaft geschlossen!“ Na, ich möchte es mal so ausdrücken: als wir uns
prächtig verstanden haben, warst du noch nicht wirklich im Stande einen klaren
Gedanken zu fassen, hast nur nach der Brust deiner werten Mama gebrüllt, in
deine Windeln gepupst und dich herrlich über Zungen bleckende Gesichter
amüsiert! Ja, damals wusstest du noch genau was du wolltest und hast so lange
danach geschrien bis du es ... bekommen hast.
Je älter du wurdest, umso weniger haben wir uns da gesehen,
weil dir deine Umwelt eingetrichtert hat, ein Umgang mit mir wäre nicht gut.
Mir ist durchaus bewusst, dass du dich an all das nicht mehr erinnern kannst.
Deshalb dachte ich mir: ich starte einfach mal ganz von vorne und schreibe dir
einen Brief, indem ich dich unter anderem ganz ausdrücklich darum bitten
möchte, deine Verbindung zu Madam Unsicherheit aufzugeben.
Aber erst einmal zu unserer Verbindung, die dir vielleicht
beim ersten Gedanken noch Bauchschmerzen bereitet. „Ach, kann ich denn
überhaupt?“, höre ich dich gerade seufzen. Und: „Was werden bloß die anderen
denken?“ Oh weh ... möchte ich darauf nur sagen. Bitte lass uns ein für alle Mal
dieses riesengroße Missverständnis auflösen, in das ich schon mit so vielen
meiner Bekanntschaften gestürzt bin!
Also Erstens, habe ich nicht das Geringste mit Master
Arrogant, Madam Eingebildet und Mister Selbstbezogen zu tun. Eine Freundschaft
mit mir weißt diese Gesellschaft sogar ganz entschieden von sich! Ich bitte
dich, Liebes Kind, nimm dir einen Moment Zeit und nehme meinen Namen
auseinander – vielleicht können wir uns so Schritt für Schritt meiner wahren
Bedeutung nähern!
Starten wir mit „Selbst“. Dieser Charakterzug von mir
beschäftigt sich mit allem was dich betrifft – aber es geht hier vielmehr um
eine eingehende Analyse dessen was du bist, was für Wünsche und Träume du hast
und vor allem was dich glücklich macht. Denn das ist der erste Schritt. Damit
fange ich an, sobald wir uns einmal persönlich die Hände schütteln. Ich setzte
mich mit dir hin und wir sehen einmal, was für ein Mensch du eigentlich bist.
Manchen fällt das ein bisschen schwer, weil sie bis zum Zeitpunkt unserer
Bekanntschaft gesichtslos durch ihr Leben getrudelt sind und sich von einem
Zufall in den nächsten schwemmen ließen. Ich bin überaus dankbar, dich darauf
aufmerksam machen zu dürfen, dass dir schon immer Frau Emotion für diese
Angelegenheiten zur Seite gestanden ist. Dieser Frechdachs ist ein richtig
hartnäckiges Ding, musst du wissen, deshalb hat sie sich in keiner Phase deines
Lebens von dir verjagen lassen. Frau Emotion und ich sind allerdings ein wahres
Dream-Team, wenn wir zusammenarbeiten. Ich stelle die Fragen und sie antwortet,
was sich in einem positiven oder negativen Gefühl bei dir bemerkbar macht. So
kannst du langsam aber sicher aussortieren und dich Schritt für Schritt deiner
Passion nähern.
Kommen wir nun zum „Bewusstsein“. Hier wird es schon etwas
taffer. Denn tatsächlich reicht es nicht mich als Freund im Hinterkopf zu
behalten und mir, wenn es hoch kommt, ab und zu eine SMS zu schreiben. Nein,
Nein – du musst mich schon ganz und gar in dein Leben lassen. Mach dir also
bitte klar, dass ich da bin. Dass ich dich führe und dass du dir keinen
besseren Freund wünschen könntest, wenn es dir wirklich wichtig ist, deinen
Träumen immer näher zu kommen. Mach Schluss mit Herrn Bequemlichkeit und
Fräulein Stoik – diese Persönlichkeiten haben dir sowieso nie etwas Gutes
gebracht. Fang lieber an bewusst zu Leben, deine Augen offen zu halten und
damit keine Chance mehr zu verpassen, wenn sich vor dir gerade eine Tür öffnet
durch die du unbedingt hindurchgehen solltest. Und dreimal darfst du raten: ich
bin dann da und schubse dich hindurch! Kann sein, dass du dann auch mal
hinfliegst, aber ich werde immer an deiner Seite sein, deine Wunden säubern und
dir deine Krone wieder aufsetzten.
Und bitte habe keine Angst, dass du mit mir an deiner Seite
andere Menschen in deinem Umfeld vernachlässigst. Tatsächlich ist es so, dass
du dann nichts als Liebe und Respekt für dich selbst und deine Träume
verspürst, was du dann gleichzeitig auch für andere Menschen empfinden kannst
und damit viel offener, herzlicher und wohlwollender auf jeden zugehen wirst.
Mit mir an deiner Seite ergeben sich die wunderbarsten Freundschaften, mit
denen du dann den Mount Everest des Lebens erklimmen kannst!
Warum ich das alles tue, warum ich versuche dir zu helfen,
warum ich immer für dich da sein werde und dich niemals fallen lasse, sobald du
ja zu mir gesagt hast? Weil ich dich liebe! Jawohl! Jetzt ist es raus! Ich
liebe dich! Und ganz schmalzig muss ich jetzt auch sagen: ich hoffe, wir werden
für immer zusammen bleiben!
Immer der Deine,
Monsieur Selbstbewusst
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